Jahreslosung 2017

 
Gott spricht:
Ich schenke euch ein neues Herz
und lege einen neuen Geist in Euch.
Liebe Gemeinde,
 
ein gesundes Herz ist zu richtigen Höchstleistungen fähig. Viele von uns heizen ja mit Heizöl, haben vielleicht einen Tank von sechs oder sieben tausend Litern zuhause.
Wussten Sie schon, dass das menschliche Herz so leistungsstark ist, dass es einen solchen Tank an nur einem Tag befüllen kann?
 
Dabei arbeitet es über Jahrzehnte zuverlässig. Wir nehmen das als selbstverständlich hin. Nur wenn es mal nicht so funktioniert, fällt uns auf, was für ein kostbares Geschenk uns Gott da eigentlich gemacht hat. Mittlerweile ist die Medizin so weit, dass bei einem kaputten Herz mit einigem Erfolg ein Neues transplantiert werden kann.
 
Um eine Herztransplantation geht es auch in der Jahreslosung für 2017. Unser Gott ist wahrer Experte für Herztransplantationen.
Allerdings stellen die von Gott neu eingesetzten Herzen nicht wieder nach ein paar Jahren den Dienst ein, wie das bei unseren natürlichen Herzen der Fall ist.
Nein, Gottes neue Herzen verlängern das Leben um eine Ewigkeit – im wahrsten Sinne des Wortes.
 
Das Herz, von dem hier im Hesekielbuch die Rede ist, steht symbolisch für das gesamte Leben des Menschen,
für seine ganze Existenz.
Es steht für das, was uns im Innersten ausmacht.
Das Herz versorgt den ganzen Körper mit Blut und Sauerstoff.
Es ist das Zentralorgan.
Wenn nun das Herz verändert wird, dann wird gleichzeitig auch der ganze Mensch verändert.
Wer ein fröhliches Herz hat, der kann auch von Herzen lachen.
Wer ein gebrochenes Herz hat, dem wird alles ganz schwer.
Ein Herz aus Stein macht seinen Träger unbarmherzig und blind.
Und manchmal schlagen auch mehrere Herzen in unserer Brust manchmal gleichzeitig,
manchmal scheinen sie sich gegenseitig abzuwechseln.
 
Vor allem mit dem steinernen Herz setzt sich der Prophet Hesekiel besonders auseinander.
 
Das Volk Israel war noch in der Verbannung in Babylonien.
Sie waren blind für das, was Gott ihnen geboten hatte.
„Und ich zerstreute sie unter die Heiden und versprengte sie in die Länder und richtete sie nach ihrem Wandel und Tun“ (Hesekiel 36,19), sagt Gott durch den Propheten Hesekiel.
 
Blindheit für Gott, seine Gebote und Güte ist das, was wir als Sünde bezeichnen. Sünde – ein Wort, das leider von den Kirchen und Pfarrern kaputt gemacht wurde.
Es geht bei Sünde nicht darum, dass ich etwas verkehrt mache. Sondern darum, welche Einstellung ich zum Leben habe.
Zu meinem eigenen Leben,
zum Leben um mich herum
und zum Leben mit Gott.
 
Wenn ich ein steinernes Herz habe,
und ich kalt und emotionslos durch’s Leben gehe,
dann kann man dazu „Sünde“ sagen.
 
Doch unser Vers setzt auf eine ganz besondere Pointe,
einen Wendepunkt in unserem Leben.
Der Moment, der in fast jedem Kinofilm vorkommt.
Der Moment, in dem der Böse gut wird.
 
Der Moment in Ice Age, als die Tigerin Shira den bösen Piraten den Rücken kehrt und für das Gute kämpft.
Der Moment bei Zootopia, als der Fuchs schließlich dem Hasen hilft, sich gegen den unfairen Polizei-Chef durchzusetzen.
Der Moment bei Herr der Ringe, als Faramir seine Gier nach Anerkennung überwindet und Frodo und Sam laufen lässt.
 
So funktioniert Sündenerkenntnis.
Mit einer Neubetrachtung unseres Lebens.
Aber meistens – wie eben auch in den Filmen – braucht es einen zündenden Moment.
Einen Moment, in dem wir aufwachen und manches neu überdenken.
 
Das muss nicht immer der Riesen-Umschwung sein,
nicht die Geschichte vom großen Sünder, der reumütig in den Beichtstuhl kriecht und um Gnade winselt.
Nein.
 
Wir alle haben unsere Momente, in denen wir ein steinernes Herz haben.
Momente, in denen wir wegschauen.
Momente, in denen wir die Straßenseite wechseln.
Momente, in denen wir unfair oder egoistisch sind.
Momente, in denen wir schweigen, obwohl wir reden müssten.
 
Wir sind einfach blind gegenüber uns,
unseren Mitmenschen,
gegenüber Gott und seiner Botschaft
und wissen es noch nicht einmal.
 
„Man sieht nur mit dem Herzen gut“,
heißt es beim kleinen Prinzen. Und den Satz find ich gut.
 
Wenn wir ein entsprechendes Herz haben,
können wir auch gut sehen.
Oft ist aber das entsprechende Empfangsorgan,
das Herz,
für Gottes Wirklichkeit kaputt ist.
Das Problem ist: Wir merken gar nicht, dass da etwas kaputt ist.
 
Im Neuen Testament setzt sich Jesus mit den Pharisäern auseinander. Es sind genau die Pharisäer, die sich selbst für sehend halten, denen Jesus Blindheit vorwirft:
„Wärt ihr blind, so hättet ihr keine Sünde; weil ihr aber sagt: Wir sind sehend, bleibt eure Sünde.“ (Joh. 9, 41)
 
Das Problem ist:
Wir können uns selbst nicht sehend machen.
Es braucht diesen Eingriff von außen.
Ich muss schmecken und erkennen, wer Gott ist
und dass er für mich nur das Beste will!
 
Es gehört zu unseren Erfahrungen als Christen, dass immer mehr Menschen um uns herum nicht sehen, was für einen großartigen Gott wir haben.
Viele kennen vielleicht noch aus dem Religionsunterricht die ein oder andere Geschichte aus der Bibel, können vielleicht sogar den ein oder anderen Vers auswendig.
Aber er sagt immer mehr Menschen nichts.
Das liegt aber – sag ich auch ganz ehrlich – nicht nur an den – in Anführungszeichen – ganz normalen Menschen. Sondern leider oft genug auch an Gottes Bodenpersonal, das viel zu oft das, was noch da ist „totverwaltet“ und nicht mehr die Sprache der Menschen spricht.
Da ist dann auch der Besuch des Gottesdienstes oder des Konfirmandenunterrichts keine Garantie, dass Menschen wieder Sinn und Geschmack für Gottes Wort bekommen.
Und sowas macht mich traurig. Wenn ich manche von unseren Kollegen so anschau, tut es mir weh. Und ich merke, dass wir allein die Kirche nicht retten können.
 
Aber wir können einen Anfang setzen.
Wir können hier in Offenhausen zeigen, wie Kirche geht und was an Kirche wichtig ist.
Nämlich miteinander reden – in einer Sprache, die jeder versteht.
Offene Fragen stellen – und sie gemeinsam versuchen, zu beantworten.
Und den jungen Menschen die Möglichkeit geben, auf ihre Art und Weise Gott zu entdecken.
Denn jeder von uns schmeckt und erlebt Gott anders.
Jeder von uns sieht Gott anders.
Das müssen wir erkennen und an-erkennen.
 
Und so ist es mit Gott im Prinzip wie mit einem guten Honig:
Ich kann versuchen, seinen Geschmack zu beschreiben,
doch ich bleibe dabei nur an der Oberfläche.
Honig ist eine zähe klebrige Flüssigkeit.
Aber wenn sich der süße Geschmack des Honigs auf meiner eigenen Zunge entfaltet, kann ich wirklich verstehen, was Honig ist.
So ist das auch mit Gott und seinem Wort.
Ich muss es erfahren, um zu erleben.
Ich muss es erfahren, und kann dabei erleben, dass es mein Leben verändert.
Hesekiel beschreibt am Anfang seines Buches folgende Begebenheit: „Und Gott sprach zu mir: Du Menschenkind, iss, was du vor dir hast! Iss diese Schriftrolle und geh hin und rede zum Hause Israel! Da tat ich meinen Mund auf und er gab mir die Rolle zu essen und sprach zu mir: Du Menschenkind, du musst diese Schriftrolle, die ich dir gebe, in dich hineinessen und deinen Leib damit füllen. Da aß ich sie und sie war in meinem Munde so süß wie Honig.“ (Hesekiel 3,1-3)
Diese Verse sind übrigens der Grund, warum im alten Israel, wenn die Kinder mit sechs Jahren in die Schule kamen, der Lehrer am ersten Schultag die Lerntafeln der Schüler mit Honig einschmierte bis alles klebte.
Honig war ein Bild für Gottes Gnade.
Es war das Beste was man damals kriegen konnte.
Dann forderte der Lehrer seine Klasse auf, den Honig von den Tafeln zu lecken.
 
Dabei zitierte er sinngemäß den Vers aus dem Buch Hesekiel:
 
„Mögen Gottes Worte so süß sein wie der Honig in eurem Mund!
Gott selber ist es, der uns ein neues Herz schenkt,
der uns die Blindheit vor den Augen entfernt
und seine Gnade schmecken lässt,
die so süß wie Honig ist.“
 
Doch dies ist nur möglich,
weil sich Gottes Sohn auf den Weg zu uns gemacht hat.
Es war die Blindheit von uns Menschen, die letztlich dazu geführt, dass er am Kreuz getötet wurde.
Wir brauchten einen Augenaufreißer.
Ein Schreckensbild.
Denn – damals wie heute – übersehen wir die kleinen unscheinbaren Dinge.
 
Doch gerade dieser Moment am Kreuz,
als scheinbar alles dunkel wurde, markiert den Wendepunkt.
Von da ab erkennen Menschen, wie Gott wirklich ist.
Einer der ersten, dem diese Erkenntnis geschenkt wurde,
war ein römischer Hauptmann, der die Hinrichtung bewachen sollte: „Dieser Mann war wirklich Gottes Sohn!“
Am Wendepunkt der Jahre nehmen wir uns immer wieder unwahrscheinliches vor.
Diäten.
Rauchen aufgeben.
Nicht mehr so viel trinken.
Mehr Zeit für die Lieben.
 
Vieles davon werden wir nicht halten können.
Zu konkret – oder aber auch zu inkonkret – sind die Vorhaben.
 
Aber wir können uns immer wieder fragen, welches Herz denn gerade in unserer Brust schlägt.
Ist es das fröhliche?
Oder das gebrochene?
Oder das steinerne?
 
Und wenn wir merken, welches Herz gerade in uns schlägt, können wir uns überlegen, was die Jahreslosung in diesem Moment für uns bedeutet:
 
Gott spricht: „Ich schenke euch ein neues Herz und lege einen neuen Geist in Euch.“
Ich muss das neue Herz nur annehmen –
und es schlagen lassen,
dass es vor Liebe glüht.
 
Amen.
 
Wir wünschen Ihnen und Euch allen ein gesegnetes Jahr 2017.